Optimierung der Biomassekonversion durch Mikrobenzusammenarbeit

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Nicht essbare Pflanzen sind eine vielversprechende Alternative zu Rohöl, aber ihre heterogene Zusammensetzung kann ein Problem bei der Herstellung nützlicher Produkte sein. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Cambridge und der Berner Fachhochschule haben eine Plattform mit mehreren Mikroorganismen geschaffen, die eine spektakuläre Entwicklung auslösen können.
Das Rennen um erneuerbare Energien ist in vollem Gang, und Pflanzen sind einer der vielversprechendsten Kandidaten, um das Rohöl zu ersetzen. Vor allem die Lignocellulose – eine aus nicht essbaren Pflanzen wie Gras, Blätter und Holz entstehende Biomasse, die nicht im Wettbewerb mit dem Lebensmittelanbau steht – ist reichlich vorhanden und erneuerbar und bietet ausserdem eine ungeheure Alternative zum Erdöl für eine ganze Reihe von Chemieprodukten.
Um nützliche chemische Produkte aus der Lignocellulose zu gewinnen, wird diese zuerst vorbehandelt, damit sie poröser wird und so leichter biologisch verändert werden kann. Anschliessend werden Enzyme beigemischt, die die Zellulose, eine Kette von Zuckern (Glukose), auflösen. Dieser Schritt kann vollzogen werden, indem der vorbehandelten Lignocellulose ein Mikroorganismus wie beispielsweise ein Pilz zugefügt wird, der natürlicherweise die für die Spaltung der Zellulose notwendigen Enzyme produziert.
Diese Enzyme trennen die Zellulose in ihre Bestandteile auf, die dann weiterverarbeitet werden, um eine wichtige chemische Verbindung herzustellen: Milchsäure. Auch der zweite Schritt gelingt dank eines Mikroorganismus. Es handelt sich um ein Bakterium, das die Zucker «frisst» und Milchsäure produziert, wenn kein Sauerstoff vorhanden ist.
Im letzten Schritt dieser mikrobiellen Produktionskette kann die Milchsäure verarbeitet werden, um eine ganze Reihe nützlicher chemischer Produkte herzustellen.
Einem Team der Berner Fachhochschule (BFH), der Universität Cambridge und der EPFL ist es gelungen, diese Produktionskette in ein einzigartiges System zu integrieren und zu zeigen, dass diese Umwandlung noch vielfältiger und modulierbarer ist. Indem im letzten Schritt der Milchsäureverarbeitung die Mikroorganismen ausgetauscht werden, lässt sich eine ganze Reihe nützlicher chemischer Produkte herstellen.
Diese Studie wurde vom EPFL-Doktoranden Robert Shahab im Labor von Prof. Jeremy Luterbacher durchgeführt, während er im Labor von Prof. Michael Studer an der BFH arbeitete, der die Studie leitete.
Einzigartiger Bioreaktor
Die Forscherinnen und Forscher haben die sogenannte «Laktat-Plattform» präsentiert. Im Wesentlichen handelt es sich um einen Bioreaktor mit Raumunterteilung, in dem zahlreiche unterschiedliche Mikroorganismen nebeneinander existieren können, wobei jeder eine der drei Etappen zur Verarbeitung von Lignocellulose vollzieht. Die Plattform besteht aus einer röhrenförmigen Membran, die eine bestimmte Menge Sauerstoff durchlässt. Auf der Oberfläche der Röhre kann der Pilz wachsen, der den gesamten, durch die Membran dringenden Sauerstoff verbraucht und die Enzyme liefert, die die Zellulose zu Zucker abbauen. In einem bestimmten Abstand zur Membran und folglich einer sauerstofffreien Atmosphäre wachsen die Bakterien, die den Zucker «fressen» und in Milchsäure umwandeln.

Die von Shahab entwickelte Innovation befindet sich nun im letzten Schritt. Durch die Nutzung verschiedener Mikroorganismen, die Milchsäure fermentieren, konnte er eine Vielzahl an nützlichen chemischen Produkten herstellen. Dabei handelt es sich insbesondere um Buttersäure, die für die Produktion von Bioplastik genutzt werden kann. Das Labor von Prof. Luterbacher hat im Übrigen vor Kurzem bewiesen, dass sie sich sogar in Flugzeugtreibstoff umwandeln lässt.
Diese Arbeit zeigt die Vorteile von gemischten mikrobiologischen Kulturen bei der Verarbeitung der Lignocellulose-Biomasse: Modularität und Möglichkeit der Umwandlung komplexer Substrate in wertvolle chemische Produkte mithilfe der Plattform.
«Die mit der Laktat-Plattform erzielten Ergebnisse zeigen auf elegante Weise die Vorteile künstlicher mikrobiologischer Konsortien bei der Herstellung neuer Produkte auf der Basis von Lignocellulose auf», erklärt Michael Studer. «Die Schaffung von Nischen in Bioreaktoren ist ein wertvolles Instrument für die gleichzeitige Züchtung verschiedener Mikroorganismen.»
«Die Fermentierung von Lignocellulose zu einer Vielzahl unterschiedlicher Produkte war sehr aufwendig, aber es war wichtig, die Vielseitigkeit der Laktat-Plattform aufzuzeigen», sagt Robert Shahab. «Zu sehen, wie sich das Laktat bildete und in Endprodukte umgewandelt wurde, war eine fantastische Erfahrung, die gezeigt hat, dass das Konzept der Laktat-Plattform in der Praxis funktioniert.»
Und Jeremy Luterbacher fügt hinzu: «Das letztendliche Ziel besteht darin, einen Sektor für erneuerbare Produkte aufzubauen, um den aktuellen Sektor zu ersetzen, bei dem viele Produkte aus Rohöl hergestellt werden. Diese Methode bringt Flexibilität, und der modulare Aufbau ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.»

Fonds national suisse de la recherche scientifique
Innosuisse
Robert L. Shahab, Simone Brethauer, Matthew P. Davey, Alison G. Smith, Silvia Vignolini, Jeremy S. Luterbacher, Michael H. Studer. A heterogeneous microbial consortium producing short chain fatty acids from lignocellulose. Science 27 August 2020.