NotifyMe, eine neue App zur Identifizierung infektionsgefährdeter Ort

© 2021 EPFL / Jamani Caillet

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Ergänzend zur SwissCovid-App benachrichtigt die neu an der EPFL entwickelte Anwendung Personen, die aufgrund der Teilnahme an einer Veranstaltung ein Covid-19-Ansteckungsrisiko aufweisen. Natürlich unter strikter Wahrung der Privatsphäre. An der EPFL findet derzeit ein Pilotversuch statt.

Ein Sitzungsraum wurde neu eingerichtet: 1,5 Meter Distanz zwischen den Stühlen. Glauben Sie, dass Sie nun geschützt sind? Leider ist diese Massnahme aufgrund der Aerosolverbreitung von SARS-CoV-2 und insbesondere der neuen, ansteckenderen Varianten manchmal nicht ausreichend. Kontaminationen in engen Räumen sind trotz Hygieneschutzmassnahmen möglich. Und sobald die Abstände eingehalten werden, werden Sie von der SwissCovid-App nicht mehr gewarnt.

Mit dem neuen Computerprotokoll namens CrowdNotifier, das teilweise an der EPFL entwickelt wurde, kann jedoch verhindert werden, dass solche Ereignisse eine Ansteckungskette auslösen. Diese App ist wie die SwissCovid so konzipiert, dass die persönlichen Daten der Benutzenden streng geschützt sind. CrowdNotifier, dessen Quellcode öffentlich ist, benachrichtigt Sie auf Ihrem Smartphone, wenn Sie einen Raum mit einer auf CoVid-19 positiv getesteten Person geteilt haben. In der Schweiz heisst die Anwendung, mit der das Protokoll betrieben wird, NotifyMe Check-in. Es wurde von Ubique entwickelt, das auch die SwissCovid-App unter Vertrag genommen hatte. Die App kann bereits jetzt kostenlos aus dem App Store (iPhones) und von Google Play (Android-Geräte) heruntergeladen werden.

Seit Ende Januar läuft an der EPFL ein «Pilotversuch», bei welchem die Funktionsweise des Systems getestet werden. Seit heute ist das System in mehr als einem Dutzend Räumen für Sitzungen, praktische Arbeiten und Cafeterias im Einsatz und wird schrittweise auf den gesamten Campus ausgeweitet. «Mit dem Einsatz von NotifyMe an der EPFL sind wir in der Lage, unseren Schutzplan für die Schule zu verbessern», erklärt Matthias Gäumann, Vizepräsident «Operations» und Präsident der Covid-Kommission. «Dadurch können unsere Studierenden und Mitarbeitenden an notwendige Präsenzaktivitäten teilnehmen, während gleichzeitig das Risiko einer Kettenkontamination eingedämmt wird.»

Keine personenbezogenen Daten

Das Funktionsprinzip ist mit dem von Überwachungsanwendungen vergleichbar, die in vielen öffentlichen Bereichen eingesetzt werden. Doch es gibt einen Unterschied: NotifyMe zeichnet keine persönlichen Daten auf und übermittelt auch keine solchen. Die App verwendet weder Bluetooth noch GPS und funktioniert «dezentral» auf allen Mobiltelefonen. NotifyMe erstellt keine zentrale Datenbank darüber, wer welche Orte besucht. Es erstellt auch keine Datenbank mit organisierten Veranstaltungen.

Konkret: Der Organisator einer Veranstaltung (im weitesten Sinne: z.B. berufliche oder private Treffen, Bar, Restaurant, Kulturevent usw.) erstellt auf notify-me.ch einen QR-Code und stellt diesen den Teilnehmenden zur Verfügung. Diese scannen ihn mit der Applikation (Check-in) und melden ihr Weggehen (Check-out). Ihr Telefon zeichnet dann einen dem Ereignis entsprechenden Code sowie das Datum und die Uhrzeit der Ankunft und des Weggehens auf. Das ist alles. Diese Informationen sind in verschlüsselter Form lediglich auf dem Telefon hinterlegt. Die Veranstaltungen können manuell gelöscht werden. Sie verschwinden automatisch nach 14 Tagen.

Alle auf einmal warnen

Bei der .berprüfung der Umgebung, die von den kantonsärztlichen Diensten systematisch für jede positiv auf COVID-19 getestete Person durchgeführt wird, werden die Orte ermittelt, die eine Person während der Zeit, in der sie ansteckend war, aufgesucht hat. Danach werden die Organisatoren kontaktiert, welche den Prozess auslösen, mit welchem die anderen Teilnehmenden eine automatische Benachrichtigung erhalten. Innerhalb von maximal zwei Stunden sehen letztere dann eine Mitteilung auf ihrem Gerät. Sie werden aufgefordert, den Kantonalarzt zu kontaktieren.

Zur Generierung dieser Benachrichtigungen lädt die Anwendung alle zwei Stunden im Hintergrund eine Liste von verschlüsselten «Dechiffrierungsschlüsseln» herunter. Diese Liste enthält alle Ereignisse der letzten 14 Tage, für welche eine Risikosituation gemeldet wurde. Sie liegt auf einem Server der Behörden und wird von den Veranstaltern gefüttert, wenn sie den Alarmierungsprozess auslösen. Um die Erstellung einer «schwarzen Liste» zu vermeiden, sind die Risikoanlässe jedoch nicht identifizierbar.

Sobald die Schlüssel heruntergeladen sind, vergleicht die Telefonanwendung sie mit jedem der auf dem Gerät gespeicherten Ereignisse. Wird dabei eine Registrierung entschlüsselt, bedeutet dies, dass eine Datums- und Ereignisübereinstimmung und damit ein Expositionsrisiko besteht. Die Anwendung löst daraufhin eine Benachrichtigung aus und gibt Anweisungen, die zu befolgen sind. «Unser Protokoll informiert die Teilnehmenden viel sicherer und schneller als aktuelle Methoden», erklärt Wouter Lueks, Forscher an der EPFL und Hauptverfasser des CrowdNotifier-Protokols. «Zurzeit müssen die kantonalen Dienststellen die von den Veranstaltern zur Verfügung gestellten Listen einsehen und jeden Teilnehmenden persönlich kontaktieren. Das kann mehrere Tage dauern und wirft Fragen zur Vertraulichkeit der Daten auf.»

Zuerst als eigenständige Anwendung eingesetzt, könnte NotifyMe Check-in auch in eine zukünftige Version von SwissCovid integriert werden, der Anwendung, die bekanntlich Benachrichtigungen auf den Handys von Personen generiert, die länger als 15 Minuten in engem Kontakt (weniger als 2 Meter) mit einer positiv auf CoVid-19 getesteten Person waren, zum Beispiel in öffentlichen Verkehrsmitteln.