Exzellenz dank Vielfalt
Der Begriff der Exzellenz weist viele ganz unterschiedliche Facetten auf. Welche Ausgestaltungen nimmt sie im Bildungsbereich an? Wie erreichen wir Exzellenz und welche Auswirkungen hat sie auf die angehenden und aktuellen Studierenden der EPFL? Ein Gespräch mit zwei Vizepräsidenten der EPFL, Frau Kathryn Hess Bellwald, verantwortlich für studentische Angelegenheiten und Outreach, und Herrn Pierre Dillenbourg, verantwortlich für Bildung, geht diesen Fragen nach.
Was bedeutet Exzellenz im Bildungsbereich für Sie?
Kathryn Hess Bellwald: Für mich bedeutet Exzellenz, über das Erwartete hinauszugehen und ein aussergewöhnliches Qualitätsniveau zu erreichen. Exzellenz im Bereich Outreach erfordert, den Hintergrund potenzieller Studierender zu verstehen und die Zielgruppen zu identifizieren, die am meisten von einem Studium an der EPFL profitieren würden, auch diejenigen an die wir nicht als erstes denken. Wir müssen sie in ihrer jeweiligen Situation abholen, ihnen die benötigten Informationen zur Verfügung stellen und vor allem, diese für sie relevant gestalten. Erreichen können wir dies, indem wir ihnen zuhören und mit dem gesamten System, das sie umgibt, inklusive Schulen, Behörden, Familien etc. zusammenarbeiten.
Die Teams von Pierre und mir arbeiten Hand in Hand mit vielen anderen Einheiten der EPFL, um Exzellenz im Bildungsbereich zu erzielen und die Fähigkeiten und Kenntnisse zu fördern, die die Absolventinnen und Absolventen in der Arbeitswelt benötigen werden. Bei unserer Begleitung bemühen wir uns, ihnen Lernmöglichkeiten zu bieten, die über die Vorlesungsräume hinausgehen und ihren Wünschen und Bedürfnissen Rechnung tragen.
Es liegt auf der Hand, dass für eine Hochschuleinrichtung wie die EPFL Exzellenz auf ganz vielfältige Weise von Bedeutung ist.
Um Spitzenleistungen in der Bildung zu erreichen, ist es wichtig, dass wir den Studierenden zuhören und nicht davon ausgehen, dass wir bereits wissen, was für sie am besten ist.
Pierre Dillenbourg: Für mich lässt sich Exzellenz in der Lehre daran messen, wie viele Kompetenzen die Studierenden am Ende des Studiums erworben haben und was sie mit diesem Wissen und diesen Fähigkeiten im Leben anfangen können. Es geht darum, wie sie das, was sie hier gelernt haben, über eine Prüfung hinaus nutzen können.
Was müssen wir tun, um eine Kultur der Exzellenz zu schaffen?
Kathryn: Wir müssen bescheiden sein und ein offenes Ohr für die Bedürfnisse und Bestrebungen der jungen Menschen haben, sie vor und während ihres Studiums begleiten und ihnen beim Übergang in die Arbeitswelt helfen. Wir sollten ihnen die Möglichkeit bieten, Wissenschaft und Technologie zu entdecken und in sie einzutauchen sowie sie während ihres Studiums sowie bei ihren extrakurrikularen Aktivitäten zu unterstützen. Indem wir den Studierenden der EPFL eine Mischung aus praktischen und theoretischen Lernerfahrungen bieten, unterstützen wir ihre Entwicklung zu gut ausgebildeten Absolventinnen und Absolventen, was ihnen auch den Übergang in die Arbeitswelt erleichtert.
Pierre: Wir müssen sicherstellen, dass wir in jedem Bereich der EPFL eine Kultur der Exzellenz verkörpern, von der Verwaltung bis hin zur Professorenschaft. Wir alle tragen dazu bei, dass die Studierenden ihr Potenzial voll ausschöpfen und somit Spitzenleistungen erbringen können, welche sie über unsere Hochschule hinaustragen werden.
Was bedeutet das für unsere EPFL-Studierenden und Studieninteressierten?
Kathryn: Die Mitarbeit in einem Verein, im Coaching-Programm oder an einem interdisziplinären oder MAKE-Projekt trägt dazu bei, Fähigkeiten zu entwickeln, die über das hinausgehen, was die Studierenden in den Vorlesungen lernen. Um ihnen diese Möglichkeiten zu bieten, müssen wir auch bei der Art und Weise, wie wir sie begleiten, für Diversität sorgen. Mit 10’000 Studierenden haben wir eine äusserst vielfältige Bevölkerung mit einem breiten Spektrum an Interessen und Fähigkeiten. Wenn wir all diesen Studentinnen und Studenten die Möglichkeit bieten, sich innerhalb oder ausserhalb der Lehrveranstaltungen weiterzuentwickeln, dann können wir von erreichter Exzellenz in der Lehre sprechen, welche zur Entwicklung einer hochfunktionalen Gesellschaft beiträgt.
Pierre: Die Stärkung vielfältiger Spitzenleistungen ist der Schlüssel zu den von Kathryn erwähnten gut ausgebildeten Absolventinnen und Absolventen. Zur Verbesserung der Lernmethoden arbeiten wir mit den Dozierenden zusammen um eine Kombination aus Vorlesungen und projektbasierten Lernmöglichkeiten oder Vorbereitungskursen anzubieten.
Wir haben es mit einer Vielfalt von Spitzenleistungen zu tun. Bei denStudierenden in meinem Labor entdecke ich eine grosse Bandbreite an Exzellenz: Einige heben sich durch ihre ausgezeichnete Argumentationsfähigkeit hervor, andere durch ihre Kreativität, manche wiederum durch ihre Programmierkenntnisse und wieder andere z.B. durch ihre Kompetenzen im Bereich der Datenanalyse. Eine Kultur der Exzellenz ermöglicht es allen Studierenden, ihr eigenes Potenzial über die akademischen Leistungen hinaus zu entfalten.
Ein reibungsloser Übergang vom Gymnasium zur Hochschule sowie gute Erfahrungen im ersten Studienjahr sind wichtig, um sicherzustellen, dass wir in Zukunft nachhaltige akademische Spitzenleistungen erbringen. Was tun wir dafür?
Kathryn: Durch die Schnittstelle Gymnasien-EPFL haben wir die Möglichkeit, in direktem Kontakt mit den Lehrpersonen der Gymnasien zu stehen, Probleme im Zusammenhang mit dem Übergang ihrer Schülerinnen und Schüler zu besprechen und diese auf beiden Seiten, am Gymnasium und an der EPFL, anzugehen. Dadurch können wir den Übergang und die Erfahrungen während des ersten Jahres verbessern. Es handelt sich um eine wichtige Austauschplattform, die wir erhalten und ausbauen sollten.
Eine andere Form des direkten Kontakts sind die «Praktika für Lehrpersonen», bei der die Lehrkräfte in das Umfeld der EPFL eintauchen und dabei Seite an Seite mit Dozierenden der EPFL arbeiten und unterrichten. Diese Erfahrung ermöglicht es beiden Beteiligten, voneinander zu lernen und das Gelernte in ihre Lehrtätigkeit zu integrieren.
Pierre: Wenn wir an Exzellenz denken, müssen wir weiterhin das gesamte Ökosystem berücksichtigen. Sie muss bei jedem Schritt auf dem Weg der Studierenden mit einbezogen werden. Das bedeutet, dass wir mit den lokalen Behörden und den Gymnasiallehrkräften zusammenarbeiten und zum Beispiel unser Angebot an Zusatzausbildungen erweitern. Das Zentrum LEARN der EPFL hat zum Beispiel fast 1’000 Primarlehrpersonen im Kanton Waadt darin geschult, wie sie computergestütztes Denken in ihre Klassenzimmer bringen können. Diese Zusammenarbeit stärkte nicht nur den Dialog zwischen der EPFL, den Schulen und den Behörden, sondern ermöglichte es auch jüngeren Bevölkerungsgruppen, die sich sonst vielleicht nicht für Wissenschaft und Technik interessiert hätten, ein ganz neues Universum zu entdecken.
Das Erreichen von Exzellenz beginnt jedoch nicht vor der Haustür der EPFL. Vielmehr sollten Fortschritte auf dem Weg zur Exzellenz schon frühzeitig eingeleitet werden.
An der EPFL gibt es zwar zahlreiche Initiativen, die diese Kultur der Exzellenz bei unseren Studierenden stärken, aber das Erreichen von Spitzenleistungen beginnt nicht erst an der EPFL. Fortschritte auf dem Weg zur Exzellenz sollten frühzeitig eingeleitet werden, indem wir unsere Studieninteressierte bei ihrer Orientierung und ihrem Übergang begleiten. Die EPFL bietet eine breite Palette von Initiativen an, um die Entdeckung von Wissenschaft und Technologie zu fördern, von gezielten Summer Schools bis hin zu Vorbereitungskursen oder dem Mentoring-Programm für das erste Jahr. Diese Initiativen haben sich als wesentliche Erleichterung beim Übergang vom Gymnasium zur EPFL erwiesen und sollten unbedingt weiter ausgebaut werden.