Omicron's Geheimnisse unter dem Mikroskop enthüllt

Dank der Hochleistungs-Elektronenmikroskope am Dubochet Center for Imaging (DCI) konnten Wissenschaftler der EPFL die Konfiguration des Spike-Proteins der Omicron-Variante bei nahezu atomarer Auflösung beobachten. Dies erlaubt Einblicke in die Mechanismen, die Omicron verwendet, um Impfstoffe und Antikörper zu umgehen.

In Lausanne stehen seit wenigen Wochen einige der leistungsstärksten Elektronenmikroskope der Welt. Sie sind im Dubochet Center for Imaging (DCI) installiert – einer gemeinsamen Forschungseinrichtung der EPFL, der Universität Lausanne und der Universität Genf – und könnten sich als wertvolle Verbündete im Kampf gegen SARS-CoV-2 erweisen, und insbesondere die Omicron-Variante, die sich schnell auf der ganzen Welt verbreitet.

„Wir arbeiten mit der Virologie-Forschungsgruppe um Didier Trono und der Protein-Forschungsgruppe um Florence Pojer zusammen, um ein genaues Bild der Struktur des Spike-Proteins der Omicron-Variante zu erstellen“, sagt Henning Stahlberg, der das DCI auf dem Campus der EPFL aufgebaut hat. Das DCI hatte bereits ein Bild des Spike-Proteins des ursprünglichen Virus mit einer Auflösung von 2Å erstellt – der bisher höchsten Auflösung –, die es Wissenschaftlern ermöglichte, einzelne Atome zu betrachten. „Wir können jetzt im Vergleich zwischen Omicron und vorherigen Varianten genau sehen, welche Mutationen es Omicron ermöglichen, dem AstraZeneca-Impfstoff vollständig und dem Pfizer-Impfstoff teilweise zu entgehen“, sagt Stahlberg. Mit den hochauflösenden elektronenmikroskopischen Bildern können Wissenschaftler ihr Verständnis dafür verbessern, wie das mutierte Spike-Protein an zelluläre ACE2-Rezeptoren bindet, wodurch das Virus in menschliche Zellen eindringen kann. Dieses Wissen ist eine Grundlage, auf der neue Therapieansätze entwickelt werden können. „Die Struktur des Omicron Spike Proteins weniger als einen Monat nach der ersten Identifizierung dieser Variante zu definieren, ist wie die Landung auf einem Planeten schon wenige Wochen nach seiner ersten Beobachtung mit einem Teleskop“, sagt Didier Trono begeistert. „Das Potenzial dieser Technologie ist einfach unglaublich!“

Die noch nicht begutachtete Strukturanalyse wurde am Mittwoch auf der Open-Access-Plattform bioRxiv.org unter der Zugriffsnummer BIORXIV/2021/474250 veröffentlicht. Jetzt können weltweit Wissenschaftler diese Strukturanalyse für ihre eigene Forschung nutzen, um zu verstehen, wie die Omicron-Variante auf bestehende Medikamente anspricht.


Autor: Emmanuel Barraud

Source: EPFL